Alleinhaftung des stark beschleunigenden Motorradfahrers bei Kollision mit verkehrswidrig Wendendem

Kommt es zwischen einem Wendenden und einem im Fließverkehr fahrenden Fahrzeug zu einer Kollision, so ist im Regelfall der Wendende Schuld. Diese Annahme kann aber bei einem atypischen Geschehensablauf widerlegt werden.

Darum ging es in dem vom LG Wuppertal mit Urteil vom 14.08.2015, Az.: 2 O 142/14 entschiedenen Fall. Ein Autofahrer hatte sich innerstädtisch verfahren und setzte deshalb trotz doppelt durchgezogener Linie zum Wenden an, um seine Fahrt in entgegengesetzter Richtung fortzusetzen. Gleichzeitig stand ein Motorradfahrer an einem Rotlicht an einer einige hundert Meter entfernten Ampel. Als diese auf Grün umsprang, gab der Motorradfahrer Vollgas und beschleunigte auf ca. 120 km/h bei zulässigen 50 km/h. Er touchierte zunächst das Heck eines Autofahrers und kollidierte sodann mit dem Wendenden. Der Motorradfahrer kam dabei ums Leben.

Der Autofahrer verlangte von der Haftpflichtversicherung des Motorrads Schadenersatz und Schmerzensgeld. Die Versicherung zahlte nur teilweise, da sie der Ansicht war, auch das verbotswidrige Wenden habe zu dem Unfall beigetragen.

Die Sache ging vor Gericht.

Dies gab dem Kläger Recht. Zwar habe sich der Autofahrer grob verkehrswidrig verhalten, als er trotz doppelt durchgezogener Linie ein Wendemanöver einleitete. Dieses Verhalten sei aber nicht unfallursächlich geworden. Es sei festgestellt, dass der Motorradfahrer mindestens auf 120 km/h beschleunigt hatte. Dabei sei die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 140% überschritten worden. Das stelle eine grobe Pflichtverletzung und in erheblichem Maße gefährliche Fahrweise dar, da dem Motorradfahrer kaum mehr eine Reaktion auf andere Verkehrsteilnehmer möglich war. Genau das habe sich in der Unfallsituation ausgewirkt. Der Wendenden habe dagegen seinerseits den Wendevorgang bereits abgeschlossen gehabt, so dass darin keine Unfallursache gesehen werden könne. Den Motorradfahrer treffe daher die Alleinschuld.

Die Versicherung musste voll zahlen.

(LG Wuppertal, 2 O 142/14)

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