Ein paar Urteile… nicht nur für Autofahrer

Illegale Autorennen, Promillegrenzen für E-Scooter-Fahrer, Speicherung von Blitzerdaten, Ärger bei der Unfall-Abrechnung: 12 aktuelle Urteile, die für Autofahrer wichtig sind.

  • Touchscreen bedienen fällt unter Handyverbot

  • Auf Parkplatz im Wohnmobil übernachtet: Bußgeld

  • Radmuttern nachziehen: Fahrer haftet auch

Täglich landen Autofahrer vor Gericht. Auch 2020 beschäftigten sich deutsche Gerichte mit Streitigkeiten rund um Auto, Unfall und Verkehr. Vom Tesla-Fahrer, der wegen der Bedienung des Touchscreens einen Handyverstoß begangen hat, bis hin zur Frage, wer bei einem Unfall haftet, wenn die Radmuttern nicht nachgezogen wurden. Wir stellen zwölf wichtige Entscheidungen des letzten Jahres vor.

Touchscreen bedienen fällt unter Handyverbot

Ein Touchscreen im Auto fällt unter das Handyverbot – wenn der Fahrer zu lange darauf sieht. Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied, dass die Bedienung des Scheibenwischers im Untermenü zu einem Bußgeld führen kann. Ein Tesla-Fahrer war bei der Benutzung von der Fahrbahn abgekommen und hatte einen Unfall verursacht (Beschluss vom 27.3.2020, Az. 1 Rb 36 Ss 832/19).

Illegale Autorennen: Raser wegen Mordes verurteilt

Die Geschichte ging durch alle Medien: Zwei Autofahrer hatten sich am Berliner Kudamm zu einem Autorennen verabredet. An einer Kreuzung mit roter Ampel kam es zu einem Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug, dessen Fahrer grün hatte. Der Mann starb noch vor Ort. Der Bundesgerichtshof hat im Juni den Schuldspruch wegen Mordes für den Autofahrer, der den tödlichen Unfall verursacht hat, bestätigt (Urteil vom 18.6.2020, Az. 4 StR 482/19).

Promillegrenze für E-Scooter wie bei Autofahrern

Auch E-Scooter-Fahrer müssen auf ihren Alkoholkonsum achten ∙ © imago images/Overstreet

Für Elektroroller-Fahrer gelten dieselben Alkoholgrenzwerte wie für Autofahrer. Sie sind als Kraftfahrzeuge eingestuft. Der Fall: Nach einem Oktoberfestbesuch war ein E-Scooter-Fahrer mit 1,35 Promille angehalten worden. Das Amtsgericht München verurteilte ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen. Außerdem wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Das Bayerische Oberste Landesgericht bestätigte das Urteil (Beschluss vom 24.7.2020, Az. 205 StRR 216/20).

Auto nach Probefahrt weg: Wem gehört es?

Wem gehört ein Auto, das nach der Probefahrt nicht mehr zurückgebracht und mit gefälschten Papieren weiterverkauft wurde? Der BGH hat nun entschieden: Die spätere Käuferin, die keine Ahnung von der Vorgeschichte des Fahrzeugs hatte, darf es behalten (Urteil vom 18.9.2020, Az. V ZR 8/19).

Räum- und Streupflicht: Haftung bei Fahrradsturz

Wann und wie oft muss Streugut entfernt werden? Eine Radfahrerin stürzte im März auf einem für Fahrräder zugelassenen Radweg, weil sie auf dem Winter-Streugut ausgerutscht war. Sie warf der Gemeinde vor, das Mittel nicht beseitigt zu haben. Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Der Radfahrerin steht kein Schadensersatz zu. Die Gemeinde muss das Streugut nicht nach jeder Verwendung von der Straße beseitigen, zudem sei Ende März immer noch mit Nacht- und Bodenfrost zu rechnen. Das verwendete Splitt-Salzgemisch diene dazu, die von „künftigen Schneefällen und Eisbildungen ausgehenden Gefahren zu mindern“ (Beschluss vom 10.9.2020, Az. 7 U 25/19).

Section Control: Messverfahren ist zulässig

Section Control ist ein in Deutschland relativ neues Verfahren zur Geschwindigkeitskontrolle. Dabei wird nicht das Tempo eines Fahrzeugs an einer bestimmten Stelle erfasst, sondern dessen Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen zwei Messpunkten. Bisher war es rechtlich umstritten. Ein Pilotprojekt auf der B6 wurde daher gerichtlich überprüft und vom OVG Lüneburg für zulässig erachtet (Urteil vom 13.11.2019, Az. 12 LC 79/19). Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidung im Juli 2020 bestätigt.

Radmuttern nachziehen: Wer haftet bei Unfall?

Nach dem Reifenwechsel müssen die Radmuttern nachgezogen werden. Aber wer haftet bei einem Unfall? Ein Mercedes-Fahrer ließ in einer Werkstatt Sommerreifen auf sein Auto montieren. Nach etwa 100 km löste sich das linke Hinterrad auf der Autobahn, es kam zum Unfall mit einem hohen Sachschaden. Das Landgericht München entschied, dass die Werkstatt grundsätzlich haften muss, gab dem Mercedesfahrer aber ein Mitverschulden von 30 Prozent (LG München II, Urteil vom 9.4.2020, Az. 10 O 3894/17).

Verboten: Im Wohnmobil auf Pkw-Parkplatz übernachten

Wer in seinem Wohnmobil auf einem Parkplatz übernachtet, der nur für Pkw zugelassen ist, verstößt gegen das Landesnaturschutzgesetz und begeht eine Ordnungswidrigkeit. Das entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht. Eine Wohnmobilfahrerin wollte für mehrere Tage Urlaub in St. Peter-Ording machen. Die offiziellen Wohnmobil-Stellplätze waren alle belegt, daher stellte die Urlauberin ihr Wohnmobil auf einem Parkplatz ab, der nur für Pkw zugelassen war, und schlief dort für eine Nacht (OLG Schleswig, Urteil vom 15.6.2020, Az. 1 Ss-OWi 183/19).

Geblitzt: Tempomessung muss nachvollziehbar sein

Geschwindigkeitsmessung muss fair, korrekt und nachprüfbar sein. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 12.11.2020, Az. 2 BvR 1616/18) hat entschieden, dass einem Verteidiger alle Informationen, die von einem Messgerät erfasst wurden, zur Verfügung gestellt werden müssen – auch die Rohmessdaten. Nur dann erhalte der Autofahrer wirklich alle Informationen, die er braucht, um einen eventuellen Messfehler festzustellen.

Unfall fiktiv abgerechnet: Keine Rechnung nötig

Für die fiktive Abrechnung eines Unfallschadens muss der gegnerischen Haftpflichtversicherung keine Reparaturrechnung vorgelegt werden. Das hat das Amtsgericht Düsseldorf entschieden (Urteil vom 19.11.2020, Az. 40 C 134/20). Die Vorlage einer Rechnung ist nur dann verpflichtend, wenn neben den Nettoreparaturkosten auch die angefallene Mehrwertsteuer geltend gemacht wird.

Im Pkw zu Kind umgedreht: Versicherung zahlt nicht

Dreht sich der Fahrer auf der Autobahn im stockenden Verkehr vollständig zu seinem Kind auf dem Rücksitz um, handelt er grob fahrlässig. Das entschied das Oberlandesgericht Frankfurt. Deshalb musste ein Vater, der mit einem Mietwagen einen Auffahrunfall verursacht hatte, über die Eigenbeteiligung in der Vollkasko hinaus 50 Prozent des Unfallschadens aus eigener Tasche bezahlen (OLG Frankfurt, Urteil vom 12.2.2020, Az.: 2 U 43/19).

Schreibe einen Kommentar