Irrtümer im Verkehrsrecht – vom Abstand zum Radfahrer bis zum Rechtsfahrgebot

Die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sieht klare Regeln zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit vor. Verstöße werden teilweise streng geahndet. Trotz drohender Geldbußen, Punkte in Flensburg oder
gar Fahrverboten kursieren diverse Irrtümer zum Verkehrsrecht unter Verkehrsteilnehmern.

Die folgende Liste macht auf typische Fehleinschätzungen aufmerksam.

Irrtum: 1,5 Meter Abstand zum Fahrradfahrer genügen immer!

Das Konfliktpotenzial zwischen Auto- und Radfahrern ist groß. Während sich Radler häufig bedroht fühlen, wenn sie mit knappem Abstand überholt werden, sind Autofahrer genervt, weil Zweiradfahrer den Weg versperren. Um Unfällen vorzubeugen, sind die Mindestabstände für Überholvorgänge seit Inkrafttreten der StVO-Novelle am 28. April 2020 klar geregelt:

• Beim Überholen von Radfahrern müssen innerorts mindestens 1,5 Meter Abstand eingehalten werden.
• Außerorts beträgt der Sicherheitsabstand 2 Meter.

Vor der StVO-Novelle sah der Gesetzgeber lediglich das Einhalten eines „ausreichenden Seitenabstands“ vor. Die Konkretisierung der Regelung soll die Sicherheit erhöhen. Doch auch die neuen Regelungen sind von Ausnahmen geprägt. Befördert ein Radfahrer beispielsweise innerorts ein Kind auf dem Rad, fordert der Gesetzgeber einen Abstand von zwei Metern. Ein Verstoß kann nicht nur teuer werden, sondern auch einen Eintrag ins Fahreignungsregister (FAER) nach sich ziehen. Wird ein Kind durch zu geringen Abstand gefährdet, müssen Autofahrer mit 80 Euro Bußgeld und einem Punkt in Flensburg rechnen.

Gut zu wissen: Der Seitenabstand wird von der linken Außenseite des Radfahrers zur rechten Außenkante des Fahrzeugs gemessen.

Irrtum:
Fahrverbot droht bei Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts erst ab 41 km/h

Viele Autofahrer sind davon überzeugt, dass sie erst mit einem Fahrverbot von einem Monat rechnen müssen, wenn sie außerorts über 41 Kilometer pro Stunde zu schnell gefahren sind. Grundsätzlich stimmt diese Regelung zwar, doch auch hier bestätigen Ausnahmen die Regel. „Ein einmonatiges Fahrverbot kann auch ausgesprochen werden, wenn Raser zweimal innerhalb eines Jahres die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 25 km/h oder mehr überschreiten“, heißt es unter www.Bussgeldkataloge.de, dem Verbraucherportal zum aktuellen Bußgeldkatalog, das über Sanktionen für Verkehrssünder und damit verbundene Fallstricke aufklärt. „Es handelt sich dabei um die sogenannte „Wiederholungstäterregelung“.“ Verkehrsteilnehmer, die sich wiederholt auffällig zeigen, werden mit verschärften Strafen konfrontiert. Sieht eine der beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen innerhalb eines Jahres bereits ein Fahrverbot vor, verlängert es sich um zusätzlich vier Wochen.

Wichtiger Hinweis:
Ein juristischer Formfehler in der StVO-Novelle vom April 2020 hat dazu geführt, dass die neuen Fahrverbotsregelns zumindest vorerst unwirksam sind. Deshalb wird derzeit der alte Bußgeldkatalog angewandt, der bei einer Tempoüberschreitung von 41 bis 60 km/h außerorts ein einmonatiges Fahrverbot vorsieht und innerorts ab 31 bis 50 km/h. Mit der StVO-Novelle hätten Fahrverbote bereits bei einer überhöhten Geschwindigkeit ab 26 km/h (außerorts) und 21 km/h (innerorts) eingesetzt. Wie wir hier berichteten, kann es bis 2021 dauern, bis Bund und Länder eine Einigung zur StVO-Novelle erzielen.

Irrtum:
Es gibt keine Pflicht für Winterräder

Dass es keine kalendarische Winterreifenpflicht gibt, stimmt. Die Faustregel für das Fahren mit Winterreifen „von O bis O“ – also von Oktober bis Ostern – dient lediglich als Orientierung. Falsch ist die Annahme, dass Sommerreifen bei jedem Wetter gefahren werden dürfen. Die StVO regelt in § 2, dass Winterreifen bei winterlichen Bedingungen vorgeschrieben sind. Die Winterreifenpflicht ist also nicht vom Zeitpunkt, sondern von den Wetterverhältnissen abhängig. Als winterliche Bedingungen gelten:
• Eisglätte
• Glatteis
• Reifglätte
• Schneematsch
• Schneeglätte
Wer bei Glatteis, schneebedeckter Fahrbahn und Co. mit Sommerreifen erwischt wird, muss 60 Euro Bußgeld zahlen und erhält einen Punkt in Flensburg. Kommt es zur Gefährdung der Verkehrssicherheit, steigt die Geldbuße auf 100 Euro. Bei einem Unfall sogar auf 120 Euro.

Irrtum:
Alkohol am Steuer führt erst ab 0,5 Promille zum Fahrverbot

Auch diese Annahme ist falsch. Während von der absoluten Fahruntüchtigkeit spätestens ab 1,1 ‰ ausgegangen wird, begehen Verkehrsteilnehmer bereits ab 0,5 ‰ eine Ordnungswidrigkeit und werden mit einem Fahrverbot für ihr Fehlverhalten bestraft. Wird jedoch eine alkoholtypische Fahrweise beobachtet und festgestellt, dass der Fahrer sein Fahrzeug nicht mehr unter Kontrolle hat, kann ein Fahrverbot bereits ab 0,3 ‰ drohen. Bei einem Unfall wird es für alkoholisierte Verkehrssünder richtig unangenehm. „Hier drohen Geld- oder Freiheitsstrafen und die Entziehung der Fahrerlaubnis für mindestens sechs Monate“, so die Warnung unter www.kenn-dein-limit.de, der Internetseite rundum Alkoholkonsum von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Gut zu wissen:
Für Fahranfängerinnen und Fahranfänger gilt in der zweijährigen Probezeit eine Null-Promillegrenze. Gleiches trifft auf Fahrer unter 21 Jahren zu.

Irrtum:
Hunde dürfen auf dem Schoß mitfahren

Hunde dürfen im Auto nur mitfahren, wenn sie ordnungsgemäß gesichert sind. Hunde gelten als Ladung und erfordern dementsprechende Vorkehrungen, damit sie die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigen.
Irrtum: Rechts überholen ist immer verboten

Dass grundsätzlich links überholt wird, ist richtig. Ein allgemeines Verbot für das Überholen auf der rechten Seite gibt es dennoch nicht. Kommt es zum Beispiel auf Autobahnen zu einem Stau, dürfen Fahrzeuge rechts überholt werden. Voraussetzung: Die Geschwindigkeit darf nur geringfügig höher sein.

Irrtum:
Das Rechtsfahrgebot gilt auf Autobahnen generell

Das Fahren auf der Mittelspur kann Verkehrsteilnehmern nicht allgemein untersagt werden. Sind auf dem rechten Fahrstreifen immer wieder Fahrzeuge unterwegs, ist die Nutzung des mittleren Fahrstreifens völlig legal. Ist die rechte Spur jedoch frei, gilt das Rechtsfahrgebot.

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