Ist jemand nicht schwindelfrei, wird allgemein von Höhenangst, der Akrophobie, gesprochen. Motorradfahrer kommen eher in ungemütliche Situationen, weil auf zwei Rädern ohnehin schon Instabilität ausgeglichen werden muss. Der Grund für Schwindelattacken in der Höhe findet sich in der Biologie: Damit er sein Gleichgewicht halten kann, muss der Mensch sich an festen Punkten orientieren. Um diese scharf sehen zu können, schwankt er dabei leicht den Kopf. Fallen die festen Orientierungspunkte plötzlich weg, nimmt die Schwankung automatisch zu. Unsicherheit und Angst kommen auf, Schweißausbrüche sind die Folge. Normalerweise wird dieses Gefühl nach einigen Sekunden kompensiert. Man spricht vom Höhenschwindel. Oft ist es eine „Angst vor der Angst“ – unbewusst geht man davon aus, dass die Situation zum schrecklichen
Erlebnis ausarten wird. Körperliche Symptome sind unter anderem Benommenheit, Atemnot, Herzrasen sowie ein Druck- und Engegefühl in der Brust.
Abhilfe schaffen können Entspannungstechniken: Bewährt hat sich auch die Palmtherapie, bei der, ähnlich der Akupressur, Reflexpunkte der Handstimuliert werden. Ein Hilfsmittel, das man in der akuten Situation auch selber anwenden kann. Tabu sind Beruhigungsmittel, da diese zur Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens führen. Vermeiden lassen sich kritische Situationen bereits bei der Streckenplanung. Küstenstrecken sollten mit dem Berg auf der rechten Seite befahren werden. So läuft man nicht Gefahr, an Engstellen zwischen Abgrund und entgegenkommenden Verkehr zu geraten. Inseln wie Korsika sollten im Uhrzeigersinn umrundet werden. Veranstalter von Motorradreisen kennen das Problem, auch wenn sie nur selten damit konfrontiert werden.
In vielen Tourenbeschreibungen wird darauf hingewiesen, ob die anvisierten Strecken zu Überforderung führen können. Damit sind Berge und Pässe jedoch nicht von vornherein tabu. Zudem wird bei diesen Ausfahrten in der Gruppe gefahren – was einen gewissen Schutz gibt. So kann sich der, dem es mulmig wird, am vertrauten Bild des Vorausfahrenden orientieren. Es versteht sich von selbst, dass dieser auch von dem Problem unterrichtet wird. Jedoch sollte man sich nicht dazu verleiten lassen, die Augen auf das Rücklicht des Vordermannes zu fixieren.
Den Blick sollte immer auf den am weitesten einsehbaren Punkt der Straße richten, da man automatisch dorthin fährt, wohin man sieht. Wichtig ist also, den Blick nicht in die Tiefe ziehen zu lassen. Abrupte Kopfbewegungen sollten vermieden werden. Bei aufkommender Unsicherheit sollte schon vor dem Gefahrenpunkt eine Pause mit Entspannungsübungen eingelegt werden.
Wer den mentalen Stolperstein hinter sich lassen will, dem sei empfohlen, sich langsam, aber kontinuierlich heranzutasten. Mit stetiger Übung verliert sich die Angst. Belohnt wird man mit grandiosen Panoramen – und vielleicht winken sogar die Murmeltiere.
Quelle: ACE