Haftung für Sturz auf rutschiger Fahrbahn

Wer auf einer rutschigen Fahrbahn zu Sturz kommt, sollte recherchieren, ob es an der Stelle schon häufiger zu gleichen oder ähnlichen Unfällen gekommen ist. Weist die Fahrbahn Mängel auf, die der Behörde bekannt sind oder aufgrund vorheriger Unfälle bekannt sein müssten, kann eine Schadenersatzpflicht des zuständigen Landes bestehen.

Unfallhergang:
Der Kläger erlitt mit seinem Motorrad kurz hinter einer Ortsdurchfahrt einen Unfall, indem sein Motorrad seitlich weggerutscht ist. Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt mit einer Gruppe von Motorradfahrern unterwegs gewesen. Die zum Unfallzeitpunkt feuchte Strasse verlief kurz hinter der Ortsdurchfahrt in einer leichte Steigung. Der Kläger ist mit ca. 40 bis 45 km/h gefahren. Plötzlich und ohne dass dies für ihn in irgendeiner Form beherrschbar war, ist das Motorrad weggerutscht, so dass er mit dem Bike zu Fall kam.
Der Sturz war, was ein Sachverständigengutachten ergab, schlicht die Folge einer mangelnden Griffigkeit des Fahrbahnbelages. Der Motorradfahrer war der Meinung, dass das für die Strasse zuständige Land im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht den Fahrbahnbelag längst hätte auswechseln und/oder ausbessern müssen, zumal es an dieser Stelle auch in der Vergangenheit immer mal wieder zu Unfällen gekommen war. Daher verklagte er das Land auf Ersatz der ihm entstandenen Schäden.
Das Landgericht Detmold gab der Klage am 03.02.2016 (Az: 9 O 86/15) im Wesentlichen statt und begründete sein Urteil wie folgt:
Das Land trifft generell die Verpflichtung, die von ihm unterhaltenen Verkehrswege von abhilfebedürftigen Gefahrenstellen freizuhalten. Es muss dabei zwar nicht für alle erdenklichen, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen, denn eine absolute Gefahrlosigkeit kann nicht gefordert werden. Jeder Straßennutzer muss sich den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet. Allerdings, so das erkennende Gericht, muss der Verkehrssicherungspflichtige in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise alle, aber nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, eben nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag.
Genau diesen Massstäben hatte das beklagte Land nicht entsprochen, denn der Fahrbahnbelag an der Unfallstelle wies bereits seit mehreren Jahren eine mangelhafte Griffigkeit auf, auf Grund derer nicht mehr gewährleistet war, dass Motorradfahrer trotz Einhaltung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt den streitgegenständlichen Streckenabschnitt bei Nässe gefahrlos passieren konnten. Angesichts dieser Situation wäre der für das Land handelnde Straßenbau NRW dringend zu Abhilfemaßnahmen im Bereich der späteren Unfallstelle gehalten gewesen, so etwa durch Aufstellen entsprechender Warnschilder oder aber durch bauliche Sanierung des entsprechenden Straßenabschnitts. Da das Land derartige Abhilfe nicht geschaffen hat hat es seine Verkehrssicherungspflicht verletzt und sich daher grundsätzlich schadenersatzpflichtig gemacht.

Das Gericht hat allerdings zu Lasten des Klägers im vorliegenden, konkreten Fall die allgemeine Betriebsgefahr mit 25 % in Abzug gebracht, denn die von dem Motorrad ausgehende typische allgemeine Betriebsgefahr, die sich hier insbesondere auf Grund der relativen Instabilität eines Motorrads, insbesondere bei nasser Fahrbahn, realisiert hat, habe an der Entstehung des Unfalls zumindest mitgewirkt.

(Landgericht Detmold, 9 O 86/15)

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